Selbstachtsamkeit & Selbstliebe- oder warum ich mich nicht mehr aufopfere
Das Baby hat in der Nacht vier Stunden geschriehen, nun hat es sich für Dauertragen entschieden, ansonsten gibt es die nächste Schreipartie. Töchterchen trotzt und das mit aller Leidenschaft:
Kopf auf den Boden und so lange kreischen bis sie nicht mehr kann. Der Gatte ist extrem unter Druck durch seinen bevorstehenden Uniabschluss
und dafür muss natürlich auch Zuhause Hilfe geleistet werden.
Also schenke ich - völlig am Ende meiner Kräfte, weil übermüdet seit Monaten - dem Baby seine permanente Streichel-Still-Trag- Gelegenheit, während ich dem aufgebrachten größeren Geschwisterkind
Liebe und Zuwendung zukommen lasse ,mit der anderen Hand und freien Schulter, nebenbei die Bude in Schuss zu halten versuche, mich mit der elenden Frage quäle: "Kann ich heute schon wieder
Spaghetti-Bolognese kochen, obwohl wir die letzten drei Tage schon Nudeln aßen, weil es am wenigsten Zeit und Energie raubt?!", meinem abgekämpften Mann versuche etwas Aufmerksamkeit zu schenken
und seine Uniarbeiten wenigstens grob durchzuschauen und die Probleme von Verwandten und Bekannten mit zu lösen.
Zwischenzeitlich stellen sich noch einige familiäre Katastrophen ein (meine Familie und die Familie meines Mannes im Wechsel), die ich so nicht erwartet habe und mit meinem Mann auf Zeitdruck
lösen und erörtern muss. Für das emotionale Wohlbefinden und Aufarbeitung bleibt natürlich keine Zeit. Wohin denke ich nur, ich kann ja nicht einmal ohne quakendes Baby aufs Klo.
Nach einiger Zeit merke ich, wie ich zunehmend schwächer werde. Nicht nur emotional ausgelutscht sondern auch merklich körperlich (Gewicht liegt mittlerweile bei 46kg und 169cm Körpergröße)
mitgenommen sitze ich Nachts neben dem unruhigen Baby und denke mir: "Ich kann nicht mehr! Ich brauche eine Pause!"
Doch das Karussell dreht sich aus meinem falschen Verantwortungsbewusstsein heraus weiter und weiter. Ab und zu gibt es Diskussionen mit dem Mann, wie man denn bitte etwas mehr Zeit für mich
einplanen könnte, ohne Kinder und Mann und Verantwortung und so Zeugs. Tja, aber wo sollen wir das nur einplanen, es gibt so viel zu tun und so vieles muss gemacht werden. Unser Lebensmodell
zieht sich weiter in die Länge.
Bis es kracht! Bääääähm! Ganz plötzlich.
Aus die Maus. Mutti liegt fix und fertig im Bett und kann nicht mehr. Nichts geht mehr. Alles scheint zusammenzubrechen und die Zeit steht still. Nun schauen wir alle dumm aus der Wäsche, denn so
etwas ist der Supergau für eine Familie.
Eine intensive Phase der Wiederbelebung von Mutti - mir - findet statt. Ein enormer Prozess des Umdenkens und der Umstrukturierung im Familiensystem. Wir lernen, dass Mama ein - ACHTUNG wird´s
wild - EIN MENSCH IST! Dass auch Mama Grenzen hat und Auszeiten von Verantwortung in der Familie und von den Problemen anderer benötigt.
Ab hier haben die Wörter "Achtsamkeit mit sich selbst" und "Selbstliebe" eine Bedeutung für uns. Wir verstehen als Paar, dass beide von uns sich selbst achten, lieben und mit sich selbst gut
umgehen müssen, damit das Projekt Familie und Ehe gut funktionieren kann auf lange Sicht.
Ihr lieben da draußen, seid euch dessen bewusst, dass unser körperliches und seelisches Wohlbefinden gepflegt werden müssen UM ALLAHS WILLEN. Damit wir gute Diener Allahs sein können. Damit wir
unsere Aufgaben wirklich gut wahrnehmen können für ein höheres Ziel.
Ein Auto kann schließlich auch nur so lange fahren, wie Benzin im Tank ist.
Also geht gut mit euch um und setzt eure Grenzen klar nach Außen hin. Tut Dinge, die (islamisch in Ordnung) euch auftanken, aus der Verantwortung von Zuhause für eine gewisse Zeitspanne entlassen
und wieder mit Energie für all die da sein lassen, die euch brauchen.
Eure Namika dS
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