Muslimische Familien und der Verlust ihres Kindes

BismiLLAH /Mit dem Namen Allahs

🥀Wenn ein Kind zu seinem Schöpfer zurückkehrt (I) 🥀

▫️Meine geehrte Freundin

Vor fast fünf Jahren begleitete ich emotional eine meiner engsten Freundinnen.
Ihre Tochter verstarb zwei Tage nach deren tragischen Geburt.
Diese Zeit war schwer auszuhalten und doch brachte sie viel Gutes mit sich.
Bis heute habe ich Lehren über die Geduld und das Vertrauen in Allah aus ihr gezogen, so wie ich es noch nie zuvor tat.

Meine Freundin, und geliebte Schwester im Islam, trauerte um ihr verlorenes Kind, doch sie zeigte nie Zorn gegenüber Allahs Entscheidung.
Sie trauerte als Mutter und als Mensch, was auch völlig verständlich und normal ist. Monat für Monat wurde es leichter zu ertragen, doch es kamen auch Tage, an denen die Sehnsucht nach ihrer Tochter sie wieder fester in den Würgegriff nahm. So ist es eben. Jeder Mensch trauert anders. Unterschiedlich lang und unterschiedlich intensiv.
Nur Allah weiß, warum.

Als wir eines Tages darüber sprachen, was ihre Schmerzen so sehr linderte, erwähnte sie folgende Überlieferung, die uns gemeinsam weinen ließ:
Der Prophet – Allahs Segen und Friede auf ihm –sah den Propheten Ibrahim – Friede sei auf ihm – im Traum und der Engel erklärte ihm: „Der große Mann in dem Garten war Ibrahim. Die Kinder um ihn herum waren all die Kinder, die im Zustand der Fitrah gestorben sind.“ Einer der Muslime fragte: „Oh Gesandter Allahs, was ist mit den Kindern der Götzendiener?“ Er antwortete: „Und die Kinder der Götzendiener.“ (Muhammad Ibn Ismail al-Bukhary: al-Dschami as-Sahih, Nr.7047)

▫️Trauer

Egal, ob ihr eure Kinder bereits in der Schwangerschaft, kurz danach oder erst später verloren habt (oder einen anderen geliebten Menschen). Es tut weh. Und in unserer wunderschönen Religion finden wir so viel Verständnis für diesen Schmerz.
Das Weinen und Trauern sind Zeichen von Barmherzigkeit und einem liebevollen Herzen, nicht etwa von Schwäche oder Unvollkommenheit.

Als der Sohn (Ibrahim) des Propheten Muhammad (sas) verstarb, weinte er und sagte: "Die Augen weinen und das Herz trauert, doch wir sagen nur, was unserem Herrn wohlgefällt. Wir sind über deine Trennung, o Ibrahim, wahrlich sehr betrübt." (Al-Bukhariyy und Muslim)

An dem Tag, als einer seiner (sas) Enkelsöhne starb weinte der Prophet (sas).
Als er über den Grund seines Weinens gefragt wurde, sagte er: "Es ist eine von Allâh gegebene Barmherzigkeit. Von Seinen Dienern erbarmt sich Allâh nur den Barmherzigen."(Muslim)

Auch als der Prophet das Grab seiner Mutter besuchen ging, weinte er so sehr, dass die Leute, die ihn umgaben, auch in Tränen ausbrachen. Alsdann sagte er: "Besucht die Gräber, denn sie erinnern euch an den Tod." (Muslim)

Erinnern wir uns noch dazu an die Geschichte unseres geliebten Propheten Yusuf (as). Er war durch eine List seiner Brüder für viele Jahre verschwunden. Zurück blieb sein Vater, der Prophet Yaqub, der so unglücklich und traurig über das Verschwinden seines geliebten Sohnes war, dass er durch das viele Weinen sogar erblindete! Er war ein Prophet, der Allah viel näher stand, als wir Durchschnittsmuslime es tun, und doch weinte er so unermesslich viel und trauerte.

"Und er wandte sich von ihnen ab und sagte: ""O mein Kummer um Yusuf!"" Und seine Augen wurden vor Traurigkeit trüb, (doch) dann beherrschte er sich. (Surah Yusuf 12:84)
"Er sagte: "Ich beklage nur meinen Kummer und meinen Gram vor Allah, und ich weiß von Allah, was ihr nicht wisset.“ (Surah Yusuf 12:86)

Wie können wir dann nur voneinander einfordern, dass man gefälligst nicht so viel weinen soll?
Emotionen sind von Allah gegeben und haben ihre Funktionen. Das Weinen erleichtert unsere von Schmerz geplagten Herzen. Stirbt eines unserer Kinder oder ein anderer uns wichtiger Mensch, dann wissen wir, dass wir diese Person vielleicht nie wieder sehen werden. Was dadurch entsteht sind nicht nur Trauer und Beklommenheit, sondern auch ein Gefühl der Sehnsucht. Wie fühlen wir uns, wenn wir unsere Verwandten oder Freunde verlassen und wissen, dass wir sie erst im nächsten Urlaub wieder sehen können- richtig, wir vergießen Tränen und sehnen uns nach ihnen, wenn wir wieder zu Hause sind.
Wie kommen wir dann darauf, dass bei so etwas Unumkehrbarem wie dem Tod einer geliebten Person, nicht auch Sehnsucht empfunden werden darf?

Die Trauer über den Verlust eines Menschen und die Akzeptanz der Vorherbestimmung Allahs schließen sich gegenseitig nicht aus. Die Frage ist nur, wie wir diese Trauer ausleben und ob wir uns in ihr verlieren oder gar unzufrieden mit der Entscheidung Allahs werden.

▫️Dein Kind ist nicht mehr bei dir

Ein Kind zu verlieren ist für eine Mutter etwas zutiefst Erschütterndes.
Niemand kann nachvollziehen, welche Schmerzen ihren Körper und Geist quälen.
Dies gilt natürlich auch für die Väter der Kinder.

Du verlässt als schwangere Frau deine Wohnung, in der du vielleicht schon ein Kinderbettchen, Babykleidung und Schnuller liebevoll vorbereitet hast, und kommst mit leerem Bauch und ohne Baby im Arm zurück. Wenn du beim Frauenarzt sitzt, um deine Narben und die Wundheilung kontrollieren zu lassen, musst du eine glückliche Neu-Mama mit Babytragetasche neben dir ertragen. Du jedoch hast keine Babytragetasche mit schlafendem Baby neben dir stehen.

Dein Baby wurde vor kurzem beerdigt.
Ein letzter Kuss auf die kalte Stirn und der Bestatter nahm es dir aus deinen warmen Armen, um es mit sich zu nehmen.

Doch sieh nur, was unser geliebter Prophet (sas) sprach:

„Bei Dem, in Dessen Hand meine Seele ist, der Fötus einer Fehlgeburt wird seine Mutter an seine Nabelschnur zum Paradies ziehen, wenn sie (geduldig war und) nach Belohnung strebte (für ihren Verlust).“ (Von Mu`ādh ibn Jabal berichtet. Ibn Mājah #1609; von al-Nawawi in al-Khulāsah 2/1066 und al-Būsayri als da`īf klassifiziert, doch von al-Albāni in Sahīh ibn Mājah als sahīh).

Sei dir gewiss, dass dein Kind nie wieder Schmerz oder Leid ertragen muss. Es ist im Paradiesgarten und verweilt nun glücklich dort.
Es ist geschützter als es in dieser Welt je sein könnte.
Wie schön ist dieser Umstand doch.
Während wir noch in Ungewissheit um unser eigenes Ende bangen.

▫️Die schöne Geduld

Bei aller Trauer und allem Schmerz, meine geehrten Geschwister, bleibt standhaft!
Verliert niemals das Vertrauen in euren allwissenden Schöpfer.
Übt euch in der schönen Geduld. Ihr seid nicht alleine.
Er ta´ala hört doch immer eure weinenden und bittenden Herzen.

Allahs Gesandter (sas) sagte sinngemäß: „Gläubige Männer und Frauen werden solange Prüfungen ausgesetzt – sie selbst, ihre Kinder, ihr Hab und Gut – bis sie Allah, dem Erhabenen, entgegentreten, und sie haben Ihm gegenüber keine Sünde (mehr auf sich).“ (Abu Huraira, Tirmidhi)

„O nein, eure Seelen haben euch dazu verführt, etwas Schlechtes zu tun. Deshalb (ist die für mich angemessene Verhaltensweise) würdevolle Geduld. Gott ist es, dessen Hilfe gesucht werden kann (in der Lage), die ihr beschrieben habt.“ (Surah Yusuf 12:18)

Der Prophet (sas) sagte: „Kein Missgeschick trifft den Muslim, keine Krankheit, kein Kummer, kein Schaden, kein Gram, nicht einmal ein Dorn sticht ihn, ohne dass Allah damit etwas von seinen Sünden auslöscht.“ ( Bukhariyy, Muslim, Abu Zaid, Abu Huraira)

Es gibt zur Geduld so viele wunderschöne Ahadith und Ayat, die wir nicht nur lesen, sondern verinnerlichen sollten.
SubhanAllah!

▫️Schlusswort

Alle Wunden verheilen mit der Zeit, auch wenn sie zu Narben werden.
Wir werden sie, mal mehr und mal weniger, für den Rest unseres Lebens spüren und müssen stets versuchen, etwas Gutes daraus mitzunehmen und unserem Schöpfer näher zu kommen, anstatt uns von Ihm ta´ala zu entfernen.

Betet zu Allah, dass Er euren Schmerz lindert und euch mit euren Liebsten eines Tages in Seinen Paradiesgärten vereint.
Bis dahin nehmt euch ein Beispiel an all unseren Propheten, die diese menschlichen Leiden ebenfalls durchlebten und uns wahrhaftige Vorbilder sind.

🖋️ Eure Namika die Schreiberin

 

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