Who´s the best Mummy?

In der Frauengruppe sitzen die Muttis zusammen und unterhalten sich nun schon seit Stunden über die Farbe der Kacka von Sohnemann Yusuf und die Krabbelversuche der sechs Monate alten Amal. Ab und zu wird es mal lauter, wenn die älteren Kinder sich um ein Spielzeug streiten und wild umeinander springen. Pädagogisch wertvoll, wird von Mama Nr. 5 ein diplomatischer Versuch gestartet das Spielzeugmassaker zu unterbinden. Ich beobachte die Lage.
Eine der Frauen ist schwanger mit Baby Nummer vier. Alles dreht sich in den Gesprächen, wie fast immer, um Schwangerschaften, Babies, Kinderturnen und den Schlafmangel, den alle Mamis so gerne in Kauf nehmen für ihre kleinen Schätze.

Es kommt zum großen Finale an diesem Vormittag:
~~~ das "Who´s- the- Best- Mummy- Battle"
Nun zählen alle Mamis auf, was sie den ganzen Tag über so leisten und wie hart das Leben als Mama ist: Ganz früh aufstehen nach einer harten Nacht mit kotzendem Kind; super tolles Frühstück zaubern; ab in die KiTa und Schule; danach sofort zur Krabbelgruppe mit dem Kleinsten, der nichts weiter kann als auf dem Rücken zu liegen, aber Mami ist sooo stolz und das soll endlich jeder begreifen; wieder nachhause frisches Essen kochen; denn Fertignahrung ist etwas für Versagermuttis; Kinder von der Schule und KiTa abholen und zum Nachmittagssport bringen; * Hab´ ich eigentlich schon erwähnt, dass ich mir niemals eine Pause gönne, sondern wenn ich Zuhause bin, tolle Kekse backe oder die Wohnung umdekoriere?* Kinder wieder nachhause chauffieren; nun noch eben die Hausaufgaben gemeinsam machen, denn Mami muss immer auf ALLES ein Auge haben, sonst wäre sie keine Supermama; und ab ins Bett mit den süßen Rackern. ~~~ (In diesem Beispiel geht konkret über den Typ Mutter, der damit beweisen will, wie toll er doch ist und nicht um den Austausch an sich)

Das unterschwellige Vergleichen der Kids nervt mich unsäglich und ich sehne mir ein Erwachsenengespräch herbei, denn "Ja fein hast du endlich gepupst. Ist die böse Aua endlich weg!" und "Oh, wie prima du Blasen mit deinem Speichel machst!" als auch "Brrrr, dadada, lalala!" habe ich Zuhause zur Genüge. Also fange ich an über die Themen zu sprechen, die ich auch wichtig finde. Doch irgendwie schaffen es die Supermamis immer wieder aufs Thema "Kind".

Dann kommt sie schließlich, die Mutter aller Fragen: "Wann kommt eigentlich bei euch das nächste Kind?"
Ich verdrehe innerlich meine Augen und rolle sie nur mit Mühe in ihre Ausgangposition zurück. Und dann passiert es, das was ich jedes Mal eigentlich vermeiden will: die Rechtfertigungsmaschinerie kommt in Gange.
Ich erkläre, dass ich eben schwere Schwangerschaften haben und dass für mich persönlich zwei Kinder in so jungem Alter schon Arbeit genug sind; dass ich gerne viel Zeit mit jedem einzelnem Kind habe; dass ich gerne einen Abstand zwischen all den Kindern haben mag; noch andere Interesse in meinem Leben koexistieren zu meinen Kindern und blaaaaaaa.
Ein "Hmmm..." in der Gruppe und die Aufzählung all der Dinge, die so toll sind, wenn man gleich hintereinander weg mehrere Kinder bekommt, erreichen nun meine Ohren. Ich nicke und meine nur: "Aha."

Ich bin eben nicht der Supermama-Typ, der sich rund um die Uhr nur mit dem Thema Kinder, Haushalt und Mami- Lifestyle beschäftigen kann und will. Die Welt ist groß und interessant, ich will so vieles sehen und wissen und diese Dinge dann wieder an meine Kinder weitergeben können. Ich mag es mit Freundinnen zu quatschen über Politik, das Weltgeschehen oder einfach nur unsere neusten Bücher. Mir ist klar, was ich als Mutter leiste und dass meine Kinder die tollsten und schönsten für mich sind. Ja, auch wenn sie vor sich hinsabbern als Babies könnte ich begeistert darüber eine Doku drehen, aber ich weiß auch, dass nur ich das so empfinde- maximal noch mein Mann und anderen Familienmitglieder.

In den letzten Jahren habe ich mir einen Freundeskreis aufgebaut (unterbewusst?), der aus Müttern und Nichtmüttern besteht. Frauen, die gerne noch Frauen sind und nicht nur Supermama. Ja, dann quillt halt mal der Wäschekorb im Bad über, aber dafür habe ich beispielsweise mal wieder mit einer guten Freundin einen Kaffee getrunken und den eigenen Horizont erweitert. Gut, dann gibt es heute eben "nur" Spaghetti, aber dafür konnte ich als Frau und Mensch für meine Matheaufgaben lernen und das mit Freude, ohne Druck im Nacken etwas ganz Tolles kochen zu müssen.

Ich finde, dass wir Frauen uns all zu oft unheimlich hohe Ansprüche stecken- an uns selbst! Und ein so festgefahrenes Bild vom Mamasein haben (manchmal durch die Erziehung der eigenen Eltern, manchmal auch selbst angeeignet uvm.), dass wir andere Mütter dafür kritisieren, wenn sie das Mamasein nicht so ausleben, wie wir selbst.

"Was? Nur ein Kind?" , "Ich gönne mir keinen Moment Ruhe am Tag." oder "Also, ich habe ja gar keine Zeit für irgendwas, nicht einmal für ein paar Minuten, um in der Religion einmal in der Woche etwas zu lernen, denn ich bin eine sooo beschäftigte Mami!" sind Aussagen, die zeigen, welche Werte wir unseren Kindern mitgeben: Bewertung anderer, anstatt Ausreden für sie zu suchen und Verständnis für sie zu haben; Selbstaufgabe und fehlende Achtsamkeit mit sich selbst (PS: es ist Sunnah einen kurzen Mittagsschlaf zu halten!); und zu guter Letzt, die Religion und damit die Nähe zu Allah ist nicht so viel Wert, wie die Zeit, die für den Haushalt, das Essen und die Kinder investiert wird.

Ich bin mit Frauenvorbildern im Islam großgeworden, wo ich beobachten konnte, wie die ganze Woche über Zuhause zwar das Beste für die Familie getan wurde, aber am Wochenende war Zeit fürs Lernen der Religion und zum Quatschen mit den Freundinnen (über die Kinder als auch über alles andere) fest eingeplant und die Kinder sind so groß geworden, wurden zwischendurch gestillt oder zum Spielen in einen anderen Raum geschickt, wenn sie zu laut waren.

Ich mag dieses Konzept: Mama und Mensch mit anderen Interessen sein zu können.

Und du?

Namika- die Schreiberin

 

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